„Ich hatte nie die Absicht, von mir selbst zu erzählen“, berichtete Autor Heinz Helle gleich zu Beginn seiner Satzwende-Lesung im Falstaff in der Bremer Shakespeare Company. Trotzdem sind sein aktueller Roman Wellen über den Alltag eines jungen Vaters in Zürich und die Kolumnen für unser digitales Literaturmagazin nah dran an den Erfahrungen des Autors. Er habe eigentlich über den Zweiten Weltkrieg schreiben wollen, aber gemerkt, dass er von dem erzählen müsse, was ist, so Helle.
Mit den Textpassagen, die der Autor am Abend vorlas, konnte sich das Publikum einen guten Eindruck darüber verschaffen: Ernste Abschnitte über Wut und Babygeschrei wechselten sich mit lustigen Texten über die Absurdität von strombetriebenen Wipptieren und Raumschiffen ab. Neben Ausschnitten aus seinem Roman Wellen präsentierte Helle ebenfalls seine Kolumne Satzwende. Im digitalen Literaturmagazin erschienen im März zwei Texte, die Helle bei einem Stipendiumsaufenthalt nahe Rom begonnen hatte.
Aufrichtig, selbstkritisch, aber nicht zu hart sei er beim Schreiben vorgegangen, erzählte Heinz Helle im Gespräch mit Moderator Jens Laloire. Damit sei aber auch die Frage entstanden, was mit dem Text überhaupt passieren solle. Erst nachdem er ungefähr neun Monate an dem Projekt gearbeitet hatte, stellten Helle und seine Frau Julia Weber, die ebenfalls Schriftstellerin ist, fest, dass sie durch Zufall an sehr ähnlichen Projekten gearbeitet hatten. Sie kamen in einen Austausch über die Texte, der die Veröffentlichung beider Romane schließlich möglich machte.
Zwar hat in Helles Roman nun von der großen Liebe bis zur norwegischen Fußcreme alles aus dem Alltag einer jungen Familie Platz, doch trotzdem habe er streng ausgewählt und eine Balance aus Banalität und großen Themen gesucht. Im Gespräch erzählte Helle von der Ambivalenz, die seinen Text vom ersten Satz an prägte: der Wunsch nach Rückzug – in ein Haus in Skandinavien – und Zugehörigkeit zum Beispiel. Diese Ambivalenz habe er im ganzen Roman nicht auflösen können und auch dadurch gelernt, die Dinge neu anzuschauen. Einen ersten Eindruck davon konnte Autor Heinz Helle dem Publikum auch bei seiner Lesung vermitteln. Im Anschluss lud die angenehm entspannte Atmosphäre im Falstaff zu vielen Fragen aus dem Publikum ein.
Text: Annika Depping