Anke Stelling und Katharina Guleikoff
© Rike Oehlerking

Literarisch setzt sich Anke Stelling schon lange mit dem Thema #Wohnen auseinander. Es war also nur passend, dass sie eine Satzwende-Kolumne dazu verfasste. In dem zweiteiligen Text schreibt Stelling zunächst von den Problemen als Mieterin, bevor sie sich mit einem Augenzwinkern in das Leben als Aktionärin versetzt. Am 29. September waren Anke Stelling und die Moderatorin Katharina Guleikoff in der dritten Runde der gleichnamigen Lesereihe in der Bremer Shakespeare Company zu Gast und sprachen über Wohnungsnot, Klassenaufstieg und Revolution.

Wie viele Menschen in Berlin, suche sie auch seit einiger Zeit nach einer neuen Wohnung, erzählt Anke Stelling. Selbst betroffen zu sein von der Wohnungsnot und den Mietpreiserhöhungen, mache das Thema zwar unangenehm, doch sei es literarisch ergiebig. Es sei wichtig, weiter über darüber zu reden, doch ermächtigend fühle sich das nicht an. Man muss auch etwas tun. „Selbst wenn man nicht von akuter Wohnungsnot betroffen ist, bleibt dieses ständige Gefühl, der Wohnungsmarkt sitzt einem im Nacken.“ Die Angst, die Bedrohung und Frustration, die durch die Wohnungssituation aufkommen können, möchte Stelling mit ihrem Schreiben auch vermitteln.

Nach der Lesung ihrer Satzwende-Kolumne für das Literaturmagazin startet Katharina Guleikoff mit der Frage, welche Bedeutung Ironie für sie als Schriftstellerin spiele, da ein ironischer Unterton ihre Texte durchzieht. Zunächst sei es eine Form von Humor, ein Mittel der Distanzierung, so Stelling. Bei allem Elend, hofft sie, könne das auch tröstlich sein. Auf die Frage, was sie mit ihrem Schreiben eigentlich möchte, antwortet die Autorin: „Etwas herausfinden, mir selbst etwas erzählen.“ Meist gehe es dabei um eine Frage, die sie gerade beschäftigt und sie schreibt auch, was sie selbst gern lesen würde. Ihr nächstes großes Buchprojekt wird ein Roman über die Ehe werden, der hoffentlich 2024 erscheint. 

Anke Stelling liest aus Klasse und Kampf
© Rike Oehlerking

Katharina Guleikoff hat beim Lesen von Schäfchen im Trockenen das Gefühl, ein Klassenaufstieg sei gar nicht möglich. Doch, der ginge schon, erwidert Stelling, doch mit welchem Gefühl müsse man sich fragen. Dass ein Klassenaufstieg mit Heimatlosigkeit und Verrat verbunden sei, das müsse nicht immer so sein, doch gebe es die Tendenz sich dann von der Vergangenheit abgrenzen zu müssen. Stelling beschreibt die Gefahr des Mangelgefühls, das bleibt, und wie wichtig es sei, solidarisch mit Schwächeren zu bleiben.

„Wünschenswert wäre doch eine Welt, in der der Klassenaufstieg gar nicht sein muss: eine klassenlose Welt.“

„Das ist aber auch ein Schlechte-Laune-Text“, meint Anke Stelling, nachdem sie ihren literarischen Text Plastikteile aus Klasse und Kampf vorgelesen hat. Dass aber das Gefühl von Wut auch wichtig für ihr Schreiben sei und wichtig für Veränderung, ergänzt sie dann. Traurigkeit könne manchmal zu Handlungsohnmacht führen. Dass Frauen untereinander sich mehr verbünden, dass sie das Konkurrenzdenken aufgeben, würde sich Anke Stelling in Hinblick auf den zukünftigen Klassenkampf wünschen.

Text: Marita Suhr


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Das Projekt ist eine Kooperation des virtuellen Literaturhauses, des Literaturkontors Bremen und der Bremer Shakespeare Company und wird gefördert durch den Senator für Kultur und das Art Hotel Ana.