An einem Septemberabend lasen die Schüler*innen der Oberschule In den Sandwehen in der Stadtbibliothek Vegesack aus ihrem eigenen Werk Herz des Wetters vor. Ihre Geschichte ist der 12. Schulhausroman, der im Schünemann Verlag erschienen ist. Protagonistin ist die Schülerin N., die eines Morgens mit Hörnern aufwacht und ungeahnte Kräfte entdeckt. In dem Fantasy-Roman geht es um die Angst, in der Klasse keinen Anschluss zu finden. Beim Bremer Schulhausroman - Projekt erleben die Jugendlichen den Prozess eines schriftstellerischen Werks von Anfang bis Ende: die ersten Ideen und Charaktere entstehen, ein Spannungsbogen wird erzeugt, gemeinsam ein Titel entschieden und das Manuskript fertiggestellt.
In Schulhalbjahr 2021/2022 leitete der Schriftsteller Tomasz Jedrowski insgesamt fünf Schreibworkshops, in denen er den Schreibprozess an dem Roman begleitete. Zwischen diesen Terminen bekam die Klasse Schreibaufgaben. Durch das Schreibtraining lernten die Schüler*innen genauer zu schreiben und Erfahrungen detaillierter auszudrücken. Sollte in einer Romanszene die Protagonistin beispielsweise durch den Wald laufen, unternahm die Klasse kurzerhand einen Ausflug in den nahegelegenen Wald, um die Gefühle ihrer Hauptfigur besser nachempfinden zu können.
Die gut besuchte Buchvorstellung in der Stadtbibliothek Vegesack ist bereits die zweite Lesung aus Herz des Wetters. Damit möglichst viele Schüler*innen einmal vor Publikum lesen können, wechseln sich die Jugendlichen ab. Im anschließenden Publikumsgespräch erzählt ein Schüler, dass sie von Tomasz Jedrowski gelernt hätten, dass Romane oft leichter an den Charakteren entwickelt werden können als an der Handlung. Zu jeder Entscheidung, die im Schreibprozess gefällt werden musste, hat sich die Klasse miteinander beraten und im Anschluss darüber abgestimmt. Die schwierigste Aufgabe sei es gewesen, sich für eine einzelne Protagonistin aus den vielen Charakterentwürfen der Gruppe zu entscheiden. Sobald diese Entscheidung getroffen war, ging vieles leichter. In Gruppenarbeit wurden verschiedene Romanszenen geschrieben und dann jeweils eine ausgewählt, bis die vielen Fragmente am Ende ein Ganzes ergaben.
Text: Marita Suhr
